Unterwegs mit der Pflegefachfrau

Wie sieht ein Arbeitstag in der Spitex aus? Welche Leistungen werden erbracht? Um einen Einblick in den Pflege-Alltag zu erhalten, begleiten wir während eines Tages Linda L., Pflegefachfrau bei der Spitex Zürichsee.
Es ist noch dunkel, als Linda um 6:45 Uhr auf den Parkplatz vor dem Zentrum der Spitex Zü-richsee in Männedorf fährt. Sie ist eine Viertelstunde früher da als gewöhnlich, da sie neben den Einsätzen bei Kundinnen und Kunden heute auch Tagesverantwortliche ist.
Vorbereitung
Als erstes holt sich Linda ein frisches Set Berufskleidung und zieht sich in der Garderobe um. Im Bergzimmer sind schon die ersten Mitarbeitenden eingetrudelt, die sich auf ihre Einsätze vorbereiten. Sie gehen kurz die Kundendokumentationen durch, um zu wissen, ob sie auf et-was achten müssen und prüfen, ob es Medikamente mitzunehmen oder neue Verordnungen zu beachten gilt. Das vertiefte Einlesen in die Kundendokumentation erfolgt dann während des Einsatzes bei der Kundin oder dem Kunden. Linda hat als Tagesverantwortliche zusätzliche Aufgaben. Dazu gehören das Lesen und Bearbeiten der Mails an die Pflege. Und sie muss der Planung melden, wenn Mitarbeitende ausfallen. Dies ist heute tatsächlich der Fall, drei Mitar-beitende sind krank. Die Planung muss nun rasch reagieren und die Einsätze der ausgefalle-nen Mitarbeitenden auf andere Mitarbeitende verteilen. Alle hoffen, dass es mit dem einge-planten Personal klappt, sonst müssen die Teamleitungen im Personalpool anfragen, ob je-mand kurzfristig einspringen kann. Doch heute ist ein guter Tag, die Einsätze können verteilt werden, auch Linda übernimmt zusätzlich eine Kundin. Bevor sie ins Auto steigt, liest sie die Mails schnell durch. Beantworten wird sie diese am Nachmittag.
Einsätze
Dann geht’s los. Linda steigt ins Auto und erfasst ihren Kilometerstand, damit sie am Ende des Tages die gefahrenen Kilometer abrechnen kann. Aus der Kundendokumentation weiss sie, dass Herr S. einen Schlüsselsafe hat und sie seine Haustüre selbst öffnen darf. Linda hilft Herrn S. bei der Körperpflege, cremt ihn ein, zieht ihn an und setzt ihm die Hörgeräte ein. Währenddessen kocht Frau S., seine Partnerin, Kaffee. Sie ist sehr froh, dass die Spitex kommt und sie bei der Pflege unterstützt: «Ich muss alles machen und komme damit an meine Grenzen. Die Entlastung durch die Spitex tut einfach gut».
Weiter geht’s zu Herrn M., der einen Stock weiter oben wohnt. Im Verlaufsbericht notiert Linda das Befinden des Kunden und spezielle Vorkommnisse: Herr M. hatte schlecht geschlafen, weil das Bein juckte. Nach dem Duschen und Anziehen der Stützstrümpfe misst sie ihm den Blutdruck und nimmt sich Zeit für einen kurzen Schwatz. Linda: «Manchmal sind wir von der Spitex der einzige soziale Kontakt, den die Leute haben. Deshalb rede ich immer mit ihnen während meines Einsatzes. Die Kunden schätzen das sehr.»
Der nächste Kunde, Herr R., hat dreimal die Woche Spitex-Besuch. Linda ist die für ihn zu-ständige fallführende Pflegefachperson. Das heisst, sie steuert den kompletten Pflegeprozess vom Eintritt bis zum Austritt und plant und koordiniert alle nötigen Massnahmen. Sie ist An-sprechperson für alle Spitex-Mitarbeitenden, die bei Herrn R. im Einsatz sind, aber auch für Herrn R. und seine Ehefrau. Heute nimmt sie für ihn den Antrag auf Hilflosenentschädigung auf. Der Einsatz startet wenig angenehm, da die Ehefrau sichtlich unzufrieden ist. Sie bringt ihren Unmut gleich zum Ausdruck: «Das Warten auf die Spitex blockiert meinen Morgen. Und weil ständig andere Mitarbeitende kommen, muss ich immer alles neu erklären.» Linda nimmt das Anliegen der Frau ernst und erklärt ihr, dass die Spitex eine Toleranzzeit braucht, weil ein Einsatz vielleicht mal länger dauert als geplant oder eine Strasse gesperrt ist, weshalb ein Umweg gefahren werden muss. Immer die gleiche Person im Einsatz zu haben, wäre sehr schön, ist aber leider sehr schwierig umzusetzen, da die meisten Mitarbeitenden Teilzeit arbei-ten, sie in den Ferien sein können oder auch mal krank sind. Um Frau R. zu entlasten, passt Linda die Pflegeplanung an. Sie notiert, was genau wie gemacht werden muss, damit die Mit-arbeitenden in den folgenden Einsätzen nicht mehr nachfragen müssen. Frau R. scheint zu-frieden mit der Antwort und den Anpassungen, am Ende des Einsatzes ist sie sichtlich ent-spannter.
Nach einem weiteren Einsatz bei Frau B. fährt Linda zurück ins Zentrum, wo sie die Mails bearbeitet, den Antrag auf Hilflosenentschädigung ausfüllt und um zwölf Uhr in der Küche zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen zu Mittag isst.
Abklärung
Am Nachmittag steht eine Abklärung bei einem neuen Kunden an. Im Gespräch mit dem Kun-den ermittelt Linda, was der Kunde braucht und wünscht, nämlich einmal pro Woche eincre-men und beim Treppengehen helfen und weil er gerne länger schläft, ein Eintreffen der Spitex zwischen 10 und 11 Uhr. Linda macht sich Notizen, damit sie anschliessend die Pflegeplanung erstellen kann. Die besprochenen Pflege- und Betreuungsmassnahmen in der Pflegeplanung helfen dem Planungsteam beim Planen, weil Einsatzzeit und Pflegebedarf bekannt sind. Zu-dem ist so gewährleistet, dass die Mitarbeitenden mit den nötigen fachlichen Kompetenzen eingesetzt werden. Danach erstellt Linda die Bedarfsmeldung, die der Hausarzt oder die Hausärztin im Sinne eines Zeugnisses unterschreibt und die der Krankenkasse weitergeleitet wird. Nachdem sie die ärztlichen Unterlagen übertragen hat, verabschiedet sich Linda nach einem langen Einsatztag in den wohlverdienten Feierabend.